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Her mit der Abwrackprämie für den Arbeitsplatz. Stoppt die Spaltung unserer Gesellschaft!

Während Youtube-Virologen und Rechtsradikale mit Verschwörungstheorien über Corona-Restriktionen Aufmerksamkeit erlangen, bleiben reale Gefahren für unsere Gesellschaft medial eher unbeachtet. Denn die Spaltung unserer Gemeinschaft ist bereits tief in der Arbeitswelt verwurzelt. Schon vor Corona waren nicht alle gleich. Jetzt droht uns – durch Homeoffice für manche und Kurzarbeit für viele – eine Zweiklassengesellschaft der Beschäftigten. Diese Entwicklung begünstigt indirekt einen Rückschritt um Jahrzehnte bei der Gleichberechtigung der Frau. Staat und Unternehmen müssen handeln, um das Homeoffice und Coworking Spaces samt selbstbestimmtem Arbeiten von einer temporären Notlösung zur Grundversorgung für Beschäftigte zu etablieren. Unsere Gesellschaft droht sonst zu zerbrechen.

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Home Sweet Homeoffice?

Bundesarbeitsminister Heil plant das Recht auf Homeoffice gesetzlich zu verankern. Das mag einige Unternehmer auf die Barrikaden treiben, würde aber eine überfällige Welle der technischen Modernisierung in Betrieben auslösen, wie die Feinstaubplakette alte Autos entsorgte. Höchste Zeit, die staatlich geförderte Abwrackprämie für den Arbeitsplatz zu fordern. Weg mit Elektroschrott – her mit digitalen Werkzeugen und Bedingungen, unter denen alle arbeiten können! Das verspräche eine nachhaltige Investition, die weit über eine kurzfristige Liquidität in der Krise hinausstrahlen würde. Doch, selbst wenn Subventionen fehlen, müssen Unternehmen proaktiv handeln. Es braucht Maßnahmen, die – unabhängig von Technik – Bedürfnisse in den Fokus stellen.

Ach, Sie haben Kinder?

Derzeit arbeiten laut dem Deutschen Instituts der Wirtschaftsforschung 35 Prozent der Deutschen ganzwöchig im Homeoffice. Vorher nutzten es 12 Prozent lediglich sporadisch. Jene, die nun ausgestattet zuhause tippen, sind vor allem Männer mit besserem Einkommen und höherer Bildung. Die neue Premium-Arbeitsgesellschaft – man gehört dazu oder zum Rest. Das bedeutet auch: Frauen sind raus. Denn die müssen nun neben dem Job Kinder betreuen und sind branchenbedingt stärker von Kurzarbeit betroffen. Das stellt die Frage, ob im März der höchste Krankenstand seit 20 Jahren Prävention oder eine Notlüge zur Kinderbetreuung war. Nach einer Studie des Hans-Böckler-Instituts tendieren wir zur „Retraditionalisierung“ der Rollenverteilung: 27 Prozent der Frauen mussten nun den Job wegen ihrer Kinder reduzieren – im Vergleich zu 16 Prozent Männern. Nur 60 Prozent der Paare, die gemeinschaftlich betreuten, setzen dies derzeit fort. Bei mtl. Haushaltseinkommen unter 2.000€ sind es gerade mal 48 Prozent. Die Prognose: Negative Auswirkungen für Frauen bei Gehalt und Karriere. Wer dauerhaft weniger verdient, wird auch zukünftig Kinder hüten. Das darf weder Staat noch Firmenführung egal sein. Wir züchten uns neue Trümmerfrauen.

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Endlich mit Ausgrenzung Gutes tun!

Wenn nur männliche Besserverdiener virengeschützt arbeiten, ist die Spaltung unserer Gesellschaft vorprogrammiert. Kann Homeoffice für alle Schlimmeres verhindern? Nicht allein. Wir müssen für „positive Diskriminierung“ sorgen: Jene bevorzugen, die Hilfe brauchen. Gleichstellung der Milieus und Geschlechter durch Zugang zu moderner Technik – aber auch Förderung für Benachteiligte. Wir brauchen ein neues Grundrecht, um soziale Spannungen zu vermeiden. Ist das schon Kommunismus? Nein, unternehmerische Weitsicht, wenn Fachkräfte nicht abwandern und neue wegbleiben sollen! Der 5-Punkte-Plan-to-go: 1. Schaffe optimale Möglichkeiten für Homeoffice, soweit der Job es zulässt. Viele Branchen könnten z.B. Berichte und Besprechungen remote erledigen. 2. Begreife Mitarbeiter als Kernressource und optimiere ihre Arbeitsplätze. 3. Garantiere flexible Work-Life-Modelle: Coworking Spaces für spezielle Bedürfnissen und Unterstützung für jene, die Kinder betreuen müssen. 4. Erlaube selbstbestimmtes Arbeiten für mehr Engagement. 5. Check Dein Geschäftsmodell, ob es zeitgemäßes Arbeiten auch in Krisen gewährleistet.

Eine Abwrackprämie würde Chancengleichheit subventionieren. Eine Aufgabe für Lobbyisten? Achtung, Tabubruch: Unternehmer sollten die Lobby ihrer Mitarbeiter sein. Denn diese können nur 100% geben, wenn keine privaten Probleme belasten. Ein Modern Workplace kann Negativ-Trends zwar verlangsamen, doch ohne gezielte Unterstützung werden viele trotzdem ins Strudeln geraten. Das Institute For Fiscal Studies prognostiziert in einer Studie, dass 47 Prozent der britischen Mütter in der Krise arbeitslos werden könnten, da sie in restriktiv betroffenen Branchen überrepräsentiert sind.

Bist Du systemrelevant oder nur Dein Einkommen?

Dank vernachlässigter Digitalisierung braucht es Ideen, um mit Corona Schritt zu halten. Das funktioniert nur mit neuer Technik und Konzepten, die der gesamten Arbeitsgesellschaft zur Verfügung stehen, nicht nur Minderheiten. Es geht also auch um Haltung – manifestiert in einer gelebten Firmenphilosophie. Die Krise zeigt, welche Berufe und Geschlechter systemrelevant sind. Wir sollten das nicht vergessen. Gönnerhafter Beifall ist keine angemessene Entlöhnung für die Säulen des Systems. Das gilt für Krankenschwestern wie für berufstätige Mütter im Allgemeinen. Mit gleichen Grundvoraussetzungen für alle lassen sich Krisen entspannter bewältigen. Berücksichtigen wir das im nächsten Business-Plan? Oder begrüßen wir klatschend das neue Mittelalter?

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Chef, darf ich bitte arbeiten gehen?

Klar, es gibt auch psychologische Herausforderungen im Homeoffice: Studien ergaben, dass ständige Erreichbarkeit und fehlende Disziplin und Selbststrukturierung belasten können. Nicht selten neigen Mitarbeiter auch dazu, Überstunden anzuhäufen. Das kann zu Frust führen – erst recht, wenn die Technik blockiert. Nach Umfrage der AOK könnte das die Grenzen zwischen Job und Leben aufweichen: 2019 beklagten dies 38,3 Prozent – wohingegen nur 24,9 Prozent der traditionell Beschäftigten dies kritisch sahen. Doch, hey! Schluss mit Jammern! Homeoffice muss man lernen! Es braucht Workshops, Erfahrung und Übergangsphasen. Papa hielt das Fahrrad, bis man ohne Umfallen strampeln konnte. Instrumente muss man lernen, bevor man Konzerte gibt. Selbstbestimmtes Arbeiten bedeutet Verantwortung für sich selbst. Wer in der Firma auf sich aufpassen kann, kann es zuhause nicht? Sind wir schon beim betreuten Wohnen? Die britischen Mütter seufzen.

Vom Seepferdchen zum Rettungsschwimmer

In Hessen wollen laut Mai-Umfrage von infratest dimap 54 Prozent bald ins Büro zurückzukehren. Die gefühlten Nachteile der Isolation scheinen noch zu überwiegen. Manche vermissen sogar das nervige Pendeln als mentale Barriere zur Arbeit. Aber es ist anzunehmen, dass die Pro-Homeoffice-Fraktion anwächst: So gaben bereits 43 Prozent an, es fortführen zu wollen. Gut so! Wir lernen gerade das Schwimmen auf offenem Meer – ohne Schwimmflügel. Wenn wir dabei Frauen und benachteiligte Schichten nicht ertrinken lassen – top! Coworking Spaces, als Brücke zwischen Firma und Heim, könnten helfen: So gelingt Müttern der Spagat zwischen Karriere und Kinder zum Vereinssport fahren. Auch Väter könnten so ohne Homeoffice in der Nähe bleiben. Statista prognostiziert weltweit 26.300 Spaces für 2020. Bis 2022 vermutet Global Coworking Unconference Conference dort 5.100.000 Menschen. Das Rudeltier Mensch will eben nicht zwingend in die Firma, aber auch nicht allein sein. Es braucht eine weitere Generation, bis wir uns nicht mehr als Stamm zusammenkauern, um uns vor Säbelzahntigern zu schützen. Immerhin: Unsere Feuerstelle ist heute die Cloud.

Kommunizieren, nicht quatschen!

Wer über das ruhige Homeoffice klagt, ist vielleicht nicht durch Isolation gehandicapt, sondern zu bequem, sich weiterzuentwickeln. Lärmende Großraumbüros dürften ein größerer Störfaktor sein. Etwas Demut und Selbstbeherrschung in Hinblick auf andere Milieus und Geschlechter wäre wünschenswert, intensivere Remote-Kommunikation mit Kollegen sinnvoll. Klar ist, Unternehmen müssen sich endlich den Herausforderungen der Corona-Neuzeit stellen: Denn, wenn auch viele in ähnlichen Wohnsilos leben müssen, wollen sie sich selber einrichten. Individuelle Standardisierung ist im Privaten bewährt – wir müssen sie nun im Job sozialförderlich perfektionieren. Lasst uns die Berufswelt „ikeasieren“! Jeder muss kurbeln, aber der passende Arbeitsplatz darf am Ende stehen, wo und wie es gefällt. Dann klappt’s auch mit der Gleichberechtigung für alle!

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